Weibliche Perspektive auf Geschichte
Mit ihrem Debütroman sprengt Otoo die Grenzen von Zeit und Raum. Es wird eine weibliche Perspektive auf Geschichte entwickelt. Die Protagonistin(nen) heißt (heißen) Ada und lebt (leben) in verschiedenen Zeiten und Räumen. Die erste Ada lebt im vorkolonialen Ghana, in dem die Missionare noch keine Heteronormativität und kein Patriarchat installiert haben. Hier begegnet die Leserin erstmals dem Perlenarmband, Symbol und begehrtes Objekt von mächtigen Männern. Ada 2 ist begeisterte Mathematikerin (vgl. Ada Lovelace und die Programmiersprache Ada), lebt im Großbritannien des 19. Jahrhunderts und hat eine Affäre mit Charles Dickens. Die dritte Ada ist Gefangene im KZ Mittelbau-Dora, in dem Gefangene zur Zwangsarbeit in der unterirdischen Rüstungsfabrik Mittelwerk GmbH eingesetzt werden. Sie wird zur Sexarbeit im dortigen Lagerbordell gezwungen. Die letzte Ada ist eine aus Ghana migrierte schwangere Germanistikstudentin, die in Berlin auf Wohnungssuche ist. Unterstützt wird sie dabei von ihrer in Deutschland aufgewachsenen Halbschwester, die die Stimme zu strukturellem und personellem Rassismus in Deutschland darstellt. Eine weitere Person ist die Ich-Erzählerin, die im Wechsel der Jahrhunderte die Form von Dingen annimmt und die verschiedenen Adas in ihren Leben begleitet. Sie steht in ständigem Dialog mit Gott (w/m) und ist die transzendente Instanz des Romans. Weibliches Schreiben, jenseits von Sex, Race und Gender, ist Otoo mit diesem Roman gelungen. Die Welt braucht mehr solche Bücher.
Beate Foltin
Sharon Dodua Otoo: Adas Raum. 320 Seiten, S. Fischer, Frankfurt/M. 2021, EUR 22,70