Zum Kotzen

„Ich denke sehr oft ans Essen. Was ich heute essen darf …, ob ich heute essen darf, oder wie viel ich essen darf.“ In Regina Hofers Graphic-Novel-Debüt blickt eine junge Kunstschaffende zurück auf die Zeit ihres Heranwachsens. Wer hat ihr dieses Gefühl beigebracht, dass mit ihrem Körper gar nichts stimmt? Dass er zu dick, zu dünn, zu präsent, zu groß, zu frühreif, zu eigenartig ist? „Wenn man mich fragt, wie es mir damals ging, dann kann ich nur wie eine Essgestörte antworten.“ Essstörungen sind das zentrale Thema von Blad. Aber um sie zu verstehen, entwickelt die Autorin und Illustratorin ein vielschichtiges Bild von Gewalt gegen Körper und Psyche, von Ängsten, die kein Gegenüber zur Aussprache fanden und von Unsicherheiten, die Zurückweisung erfuhren. Manche Aspekte in der Biografie der Protagonistin sind speziell brutal, aber manche sind auch speziell normal, man findet sich wieder, das hat man doch auch so gesehen, getan, gemessen, abgewogen, nicht gegessen, aufgelistet: „Gut zum Kotzen sind Nudeln, Toastbrot, Eis, Schokolade …“, leitet sie ganz pragmatisch eine Übung zur Bulimie an. In übergangslosem Schwarz und Weiß findet Regina Hofer für Dokumentarisches wie Abstraktes, für Fakten wie Gefühle, eine präzise Bildsprache. Die ist ebenso bedrohlich und liebevoll, so chaotisch und so klar, wie das Leben und Fühlen ihrer Protagonistin. Keine leichte Kost, sondern ein spezielles, trauriges und sehr eingängiges Buch.
Lisa Bolyos
Regina Hofer: Blad. 118 Seiten, Luftschacht, Wien 2018 EUR 18,50