Sei viele!
In elf Essays erforscht die Literatin Antje Rávik Strubel in poetischer und doch zugänglicher Sprache eigene Erlebnisse, berühmte Autorinnen, literarische Figuren, Elche oder Landschaften. Das Buch zusammenzufassen fällt schwer, ob der vielen unterschiedlichen Themen, die sie in den Essays anschneidet. Jedoch ziehen sich die Themen Gender und Homosexualität wie ein roter Faden durch das gesamte Werk: Anhand einiger Beispiele wird struktureller Sexismus und Homophobie als ein globales Phänomen aufgezeigt, immer wieder plädiert sie für ein Verschwimmen von Kategorien (wie männlich – weiblich; homo – hetero) bzw. für einen spielerischen Umgang mit ihnen, um diese von der Gesellschaft gesetzten Grenzen aufzubrechen und die damit einhergehenden Machtpositionen auszuhebeln. Bei den ersten Essays werden einige Argumente wiederholt, doch je mehr frau liest, desto mehr zieht Rávik Strubel mit ihrer dichten Sprache in den Bann. Es ist kein Buch, das man in einem Rutsch lesen kann – doch es wird belohnt! Noch ein letzter Hinweis: Das Cover des Buches ist ein Augenschmaus: Silbern-leuchtende Schrift, ein androgyner Körper mit strengem Blick zur Betrachterin vor einer durchbrochenen Grenzmauer und zwei Dackel auf dem Schnee. Wunderschön!
Tabea Wolfsgruber
Antje Rávik Strubel: Es hört nie auf, dass man etwas sagen muss. 192 Seiten, Fischer, Frankfurt/M. 2022 EUR 25,50