Gehen wir Bim fahren?
Die Geschichte vom Kind, das plötzlich im Stiegenhaus steht, ist eigentlich nicht neu. Auch Connie, die als Küchenhilfe in einem Wiener Gasthaus arbeitet und nicht so recht zu wissen scheint, was sie eigentlich vom Leben will, begegnet so ein Kind. Als sie das neue Nachbarskind im Stiegenhaus im Gemeindebau antrifft, bittet Connie es zum Frühstück herein und kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen, wie dieses fremde Kind, das da vor ihr sitzt und schwarzen Kaffee trinkt, sie aus ihrem Alltagstrott hinaus und hinein treiben wird in frühmorgendliche Bim-Fahrten quer durch Wien, aufkeimende Gefühle von Verantwortung und der Frage danach, was eigentlich wirklich wichtig ist. Als die Eltern des Kindes, die mit eigenen Sorgen beschäftigt scheinen, plötzlich verschwinden, spitzt sich die Lage zu. Anna Silber schreibt in schlichter, aber präziser Sprache über Begegnungen und Zusammenhalt in Momenten, in denen er unerwartet ist. Dafür nimmt sie uns mit an Wiener Orte – zum Beispiel zwischen Salatberge und Frittierfett in die Gasthausküche oder in die MA35. Obwohl die Autorin auch thematisch genau da hinschaut, wo selten hingeschaut wird, bleiben Connie und das namenlose Kind leider ein wenig zu schablonenhaft, zu oberflächlich geschildert, als dass die Geschichte uneingeschränkt überzeugen könnte.
Pauls
Anna Silber: Das Meer von unten. 222 Seiten. Picus, Wien 2023 EUR 24,00