Africa for the Africans – Verpasste Chancen
Zunächst stellt die Autorin die ideologisch sich widersprechenden Begriffsschulen für „Nationalismus“ und „Internationalismus“ und deren historische Bedingtheit vor. Sie klärt, welche Rolle diese widersprüchlichen Sichtweisen für die Entstehung des Panafrikanismus im globalen Süden haben. Die Visionen der Vertreter des Panafrikanismus, wie Frantz Fanon, Ben Balla (Algerien) und Kwame Nkrumah (Ghana) werden reproduziert. Wesentlich für die Befreiungsbewegungen von Ghana und Algerien ist die Vorstellung einer kontinentalen afrikanischen Einheit in den 50er und 60er Jahren des Zwanzigsten Jahrhundert. Der Diskurs und die Praxis der Umsetzung gestalten sich bereits in den Verhandlungen mit anderen afrikanischen Ländern als schwierig. Die Formierung einer afrikanischen Einheit wird im Kalten Krieg außerdem massiv von den USA und Europa torpediert, während von sowjetischer Seite und dem blockfreien Jugoslawien eher Unterstützung für einen Einigungsprozess erfolgt. Insbesondere der zweite Teil der Studie zeigt auf, welche konkreten historischen Fallstricke die wünschenswerte Einigung unter den afrikanischen Ländern verhindern. Die erlangte „Souveränität“ führt in manchen afrikanischen Ländern dazu, dass sie sich vom Einheitsgedanken verabschieden, insbesondere dort, wo Marionettenregime installiert worden sind. Andrerseits werden sozialistische staatliche Systeme von Militärdiktaturen brutal abgelöst. Für Postcolonial Studies Interessierte verarbeitet die Autorin gewichtige historische Momente für das Scheitern der kontinentalen Einigung in Afrika.
Gertrud Jürgensen
Lisa Hoppel: Internationalistischer Nationalismus – Lehren aus dem panafrikanischen Befreiungskampf. 174 Seiten, Promedia, Wien 2019, EUR 20,00