Die anderen Stimmen
Das aus einer Masterarbeit hervorgegangene Buch widmet sich der Frage, ob Sexismus in der Klanglichkeit von Stimmen hörbar ist und wenn ja, wie er klingt. Das Buch möchte so auch einen Beitrag zu einer feministisch motivierten Popmusiktheorie liefern, die bislang gerade hinsichtlich der Klanglichkeit von Popmusik noch wenig bis gar nicht ausgeprägt ist. Diesem Ziel nähert sich die Autorin zunächst über verschiedene theoretische Zugänge (Othering, Performativität, Dispositive, Körper- und Leiblichkeit). Dann werden verschiedene Analysewerkzeuge dargelegt, die insbesondere die Frage klären sollen, wie der Klanglichkeit von Musik Bedeutung zugeschrieben werden kann (von Saussure über Kristeva hin zur Psychoanalyse und zum sonischen und vokalen Körper). Diese gewinnbringenden Auseinandersetzungen werden dann in der Praxis, das heißt in der Analyse von sechs Songs (von Nirvana bis Björk) erprobt. Die Grundthese, dass der männlichen Stimme „Echtheit“ zugeschrieben wird, während weibliche Stimmen alternative Strategien entwickeln (müssen), wird sehr differenziert erläutert. Allerdings hakt es an so mancher Stelle: die Beispiele sind wenig repräsentativ; Unterschiede in der Genrezugehörigkeit werden nicht thematisiert; die Schlüsse, die aus der konkreten Analyse der Stimmen gezogen werden, wirken teils sehr bemüht. Dennoch verdient das Buch großen Respekt dafür, feministische Musikanalyse auf dieser Art zu denken und damit gewiss weitere Studien anzuregen.
Kordula Knaus
L. J. Müller: Sound und Sexismus – Geschlecht im Klang populärer Musik. Eine feministisch-musiktheoretische Annäherung. Marta Press, Hamburg 2018 EUR 26,00