Die Zumutung des Todes
Geschrieben in einem dynamischen Sprachrhythmus, als wäre die adressierte Mutter anwesend, als beeile sich die Tochter, rechtzeitig ihr Lob und ihre Klagen an die Frau zu bringen. Die Ungeheuerlichkeit des Todes der eigenen Mutter spiegelt sich in diesem verzweifelten Festhalten an den vielen Gesprächen, die stattgefunden haben und den vielen, die beiden entgangen sind. Andrea Wolfmayr gelingt eine momentane Charakteraufnahme des fassungslosen Ich, das trotz seines langen Erwachsenseins jetzt wieder klar das verlassene Kind ist – verlassen von der Mutter, die einfach gestorben ist. „Wie konntest Du nur?“ fragt die Autorin. Sie fügt beeindruckende, berührende und fein ziselierte Beobachtungen zu persönlichen und politischen Ereignissen zusammen, die sich in ihrer radikalen Subjektivität einer Wahrheit nähern können, die jede rationale Analyse übertrifft. Sie solle eine Art Buddenbrooks, einen Roman über die Familie schreiben, das war die Idee der Mutter. Und so hat die studierte Kunstgeschichtlerin, Buchhändlerin und ehemalige Nationalratsabgeordnete ein weit ausgreifendes Bild voller Farben und Nuancen komponiert, mit Rückblicken und nicht stattgefundenen Zukünften. Schonungslos, auch sich selbst gegenüber, und doch optimistisch und voller Leben.
Susa
Andrea Wolfmayr: Mama! Wie es ist, wie es war. 320 Seiten, Edition Keiper, Graz 2021 EUR 24,00