Frauen, die suchen und anderes finden

Das Buch könnte statt „Töchter“ auch „Väter“ heißen, um die es einerseits vielfach geht. Andererseits stehen doch zwei Töchter mit ihrem Ringen um ihre (verlorenen) Väter im Mittelpunkt, es erzählt die eine von ihnen. Und genau mit diesem Moment der gebrochenen Erwartungen und heimlichen Leser_innen-Wünsche spielt dieser Roman gekonnt: So beginnt er als Road-Novel, um genau damit krachend wieder aufzuhören, kaum dass sich eine_r darin eingefunden hat; dann geht’s um spät erfüllte Lebensträume, das Sterben und vermeintliche Happy-Ends – die eine_r noch gar nicht ganz bewusst hatte, als sie sich auch schon als Schimäre entpuppen; das ist jedes Mal sehr gut so und es folgen weitere überraschende Wendungen, die den Roman zunehmend fesselnd machen. Eingebettet sind diese konsequenten Desillusionierungen in reale, oft prekäre Lebenssituationen im heutigen Deutschland, Italien und Griechenland. Lucy Fricke entpuppt sich als eine Meisterin der pointierten Reduktion – „… Esoterik. Die schlimmste vorstellbare Wahrnehmung der Realität“ – und interessiert sich empathisch für die Bedingungen aktueller Frauen*leben. „Ich ging davon aus, dass wir die erste Generation von Frauen waren, die machen konnte, was sie wollte. Das hieß aber auch, dass wir machen mussten, was wir wollten und das wiederum bedeutete, dass wir etwas wollen mussten. Dafür hatten unsere Mütter gekämpft.“ So nüchtern, so brillant, mit einem packenden Plot, in dem doch auch die Sonne aufgeht. Was für ein erfreuliches Buch.

Meike Lauggas

Lucy Fricke: Töchter. 237 Seiten, Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 2018 EUR 20,60