Gebastelte Gegenwart

Kato wird pensioniert und muss sein Leben neu organisieren. Seine Frau und er führen eine anspruchslose Ehe, sie haben sich auseinandergelebt, obgleich sie physisch weiterhin zusammenleben und nach außen zusammenhalten. Die zwei erwachsenen Kinder leben emotionsfrei und entfernt von ihren Eltern. Eines Tages nach einer medizinischen Durchuntersuchung lernt Kato auf einem Friedhof Mie kennen. Sie engagiert ihn für ihre Vermittlungsagentur, in der es darum geht, zumeist für familiäre Anlassfälle jemanden zu entsenden, der jeweils kurzfristig eine Rolle übernimmt, die gewünscht wird. Kato kann sich gut mit den unterschiedlichen Rolleneinsätzen arrangieren, aber schon bald stößt er an Grenzen. Die Geschichte spielt in Japan und im Mittelpunkt stehen Fragen: Was bestimmt unser Leben, wozu benötigen wir Tagträume, sind wir bereit uns für unsere eigenen Bedürfnisse einzusetzen? Flašar hat nach ihrem erfolgreichen ersten Roman „Ich nannte ihn Krawatte“ ein weiteres Buch über das Phänomen „Einsamkeit“ geschrieben, dabei die aktuelle Geschichte in einen neuen Rahmen eingebettet. Auch wenn der Roman wieder interessante philosophische Dialoge über das Leben anbietet, konnte er die Leserin nicht ganz überzeugen.
ML
Milena Michiko Flašar: Herr Kato spielt Familie. 170 Seiten, Klaus Wagenbach, Berlin 2017 EUR 21,40