Geschichte/n hinter Traumata

Maya Lasker-Wallfisch ist die Tochter der jüdischen Shoah-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch, die als Cellistin des Au­schwitzer Frauenorchesters, die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen überlebte. Maya Lasker-Wallfisch beginnt zu schreiben, gegen die Wortlosigkeit und das Schweigen, das sie Zeit ihres Lebens als Kind und Jugendliche begleitete. Sie erzählt ihren Großeltern – von den Nazis im Konzentrationslager Izbica ermordet – in elf Briefen von deren Töchtern, was aus ihnen wurde, und beschreibt das Verwobensein ihrer eigenen Lebenserinnerungen mit den Geschichten dreier Generationen der Familie Lasker und stellt so die gestohlene Beziehung und Verbindung über drei Familiengenerationen wieder her. „Ich fand es ungeheuer schwer, auf der Welt zu sein,“ schreibt Maya. Ihr Bruder Raphael, um fünf Jahre älter, erinnert sich an sie als ein permanent verwirrtes Kind. „Und seine Wahrnehmung stimmte.“ Maya La­sker-Wallfisch thematisiert die Spuren, das Echo, das Erbe der Gefühle des generationenübergreifenden Traumas, die unbewusste Weitergabe von Traumata als Überschattung ihres eigenen Lebens. Maya Lasker-Wallfisch stößt auf Drogen, bis zum Absturz, bis sie schließlich erfolgreich einen Entzug durchmachte. Sie arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren als psychoanalytische Psychotherapeutin und das Thema der transgenerationalen Tradierung von Traumata begleitet sie; es sind die Geschichten hinter den Traumata, die sie interessieren. Empfehlung!

Dani Rechling

Maya Lasker-Wallfisch: Briefe nach Breslau. Meine Geschichte über drei Generationen. Aus dem Engl. von Marieke Heimburger. Insel Verlag, Berlin 2020. EUR 24,70