Eine Schweizerin in Stalins Sowjetunion

Die 1973 geborene Schweizerin Beatrice Schmid findet zu Weihnachten 2015 eine Sammlung von Briefen, Fotos und Dokumenten ihrer Großmutter Maria und ihrer Großtante Paula auf dem Dachboden ihrer Eltern in Basel. Vier Jahre lang folgt sie den Spuren ihrer Vorfahren anhand dieser Quellen. Der Weg führt sie in die jüngst gegründete Sowjetunion Stalins, in die ihre Großtante Paula aus politischen Gründen emigrierte, in den Gulag, in den Paula aufgrund einer politischen Aktion ihres ungarischen Mannes kam, nach Sibirien, wohin sie danach verbannt wurde, und immer wieder zurück in die Schweiz der Dreißiger-, Vierziger- und Fünfzigerjahre, wo ihre Großmutter Marie sich ebenfalls politisch betätigte. Beatrice Schmid fährt nach Russland, nimmt Kontakt mit ihren russischen Verwandten auf, kontaktiert Zeitzeugen und ergänzt die Zeugnisse ihrer beiden Vorfahren durch objektive Quellen. Dabei reflektiert sie sich stets selbst, zieht Vergleiche zur Jetztzeit und ihrem eigenen Leben. So entsteht ein eindringliches Bild dieser beiden ungewöhnlichen Lebensläufe und der dramatischen Zeit, in der sich die Frauen für Gerechtigkeit und Gleichheit einsetzten. Ein stimmungsvolles Buch voller Details und genauer Beobachtungen, ergänzt mit einem Literaturverzeichnis.

Sabine Reifenauer

Beatrice Schmid: „Du weißt mich jetzt in Raum und Zeit zu finden“. Zwei Frauen zwischen Basel und Moskau. 375 Seiten, Rotpunktverlag, Zürich 2020 EUR 34,00