Kategorie: Aktuelle Ausgabe

Kind bekommen, Kind sein

Berührend und melancholisch wie der Mond: Paulina Czienskowskis neuer Roman liest sich eher wie ein Gedicht in mehreren Akten. Wer Handlung und Spannung erwartet, wird enttäuscht – die Lektüre verlangt langsames Lesen und eine Begeisterung für Sprache, die Aufmerksamkeit beansprucht. Zyklisch tastet sich die Erzählerin an ihre Kindheit heran. Vor...

Liebe, Mutterschaft und Partnergewalt

Eine Frau verliebt sich in einen Mann. Sie bekommen ein gemeinsames Kind. Weil der Mann zu lethargisch ist, trennt sich die Frau von ihm. Die Frau verliebt sich erneut. Der neue Mann ist sprachgewandt, politisch und ihre große Liebe. Seine Stimmungsschwankungen, seine Ausraster und alle anderen Warnzeichen werden ignoriert. Bis...

Autofrei oder ist das die Zukunft?

Schalentiere am Waldboden ist ein Debütroman, der schnell Lust auf mehr macht. Die Autorin erzählt in fantasievollen, bunten Bildern vom Leben in einem zum klima-neutralen Musterdorf auserkorenen Ort. Diese scheinbare ländliche Idylle und das Begehren nach einer perfekten Welt zerplatzen beim Lesen so schnell wie der Traum der Zugezogenen vom...

Mit der Großmutter dem Sterben auf der Spur

In ihrem Debütroman Sterben üben widmet sich Katharina Feist-Merhaut Fragen rund um Tod, Alter und Pflege. Sie sucht Antworten in Literatur, Familiengeschichte und vor allem im Gespräch mit ihrer wortgewandten Großmutter. Die Enkelin begleitet sie durch den Alltag, dokumentiert ihren Alterungsprozess, fotografiert und befragt sie. Aus der Perspektive der Enkelin...

Die etwas andere Liebesgeschichte

Die Bravo Bar ist ein Lokal in Berlin, das für unsere drei Protagonist*innen der Dreh- und Angelpunkt ist. Timo, ein mäßig erfolgreicher Musikjournalist, steht kurz vor seinem 40. Geburtstag und träumt von seiner großen Liebe. Rachelle ist eine Rapperin und kämpft mit der Diagnose Krebs und der Chemotherapie. Die dritte...

Vom Überleben und Leben

„Haben wir kein Salz“, fragt Johannes beim Abendessen. Seine Frau Helene sitzt nach einem Tag voll mit dem „Rufen, Wollen, Streiten, Bitten und Brüllen“ der drei Kinder erschöpft am Tisch. Ohne ein Wort zu sagen, steht Helene vom Tisch auf, geht zum Balkon und stürzt sich in die Tiefe. Ihr...

Zwischenwelten

Isor ist ein wildes Kind. Sie tobt, ist wütend und reißt oft aus. Nicht selten bringt sie ihre Eltern zur Verzweiflung. Dennoch verfügt Isor über einige erstaunliche Talente, so kann sie etwa auf lautmalerische Art fremde Sprachen imitieren. Die Mutter erkennt die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Kindes. Sie weiß, dass Isor...

Über die Wichtigkeit, Geschichte(n) zu erzählen

Die Geschichte der Alevit:innen ist eine unterdrückte Geschichte. Dabei ist es eine Geschichte, die so wichtig ist für die Geschichte der Türkei und die Geschichte Deutschlands und Österreichs. Eine Vielzahl der Migrant:innen aus der Türkei in den 1970er Jahren waren Alevit:innen, die dort vor politischer und religiöser Verfolgung flüchteten. Viele...

Zwei Wege, eine Freundinnenschaft

Über drei Jahrzehnte begleiten die Leser*innen die Ich-Erzählerin Maren durch ihr Leben – und durch ihre tiefe und zugleich ambivalente Beziehung mit ihrer besten Freundin Inga. Auf den ersten Blick verbindet die beiden wenig. Ihre unterschiedlichen sozialen Herkünfte und ihre verschiedenen Sichten auf die Welt stellen ihre Freundinnenschaft oft auf...

Die Leere in sich füllen

Oktober Okay ist eine gut zu lesende schmale Erzählung, die die namenlose Protagonistin durch Leipzig in den letzten Monaten der DDR begleitet. Geht es im ersten Teil primär um die Gedanken- und Gefühlswelt der Ich-Erzählerin, berichtet der zweite Teil des Buchs von den politischen Umbrüchen des Jahres 1989. Dabei werden...