Queeres in der Lesbenbewegungsgeschichte

Lara Ledwa hat ihre Abschlussarbeit der Geschichte des „Lesbischen Aktionszentrums Westberlin (LAZ)“ der 1970er Jahre gewidmet, um mit den neugierigen Augen der jungen Lesbe Hintergründe zu verstehen und vergessene Ansätze wieder auszugraben. Aus einer explizit queeren und betont wertschätzenden Perspektive unterzieht sie das Material aus 36 Ordnern aus dem Spinnboden-Archiv ihrer Analyse, die sie theoretisch mit Diskurs­analyse und dem „agency“-Konzept rahmt. Damit prüft sie ihre drei Thesen, wonach die Lesbenbewegung erst schwul und später feministisch war, daß sie maßgeblich Frauen*- und Lesben*bewegung beeinflusst habe und bereits damals Positionen existierten, die heute als queer bezeichnet werden können. Schließlich geht sie der Frage nach, warum das LAZ aufgelöst wurde und seinen politischen Einfluss verlor. Methodisch ist die Trennung zwischen Quellenzitaten und Analyseaussagen nicht immer stringent und eine Verortung in entsprechender Bewegungshistoriographie wäre wünschenswert. Ledwa trägt mit großem Engagement heutige politische Fragestellungen an die lesbenhistorischen Dokumente heran, die damals mit viel Herzblut, mehr und weniger improvisiert entstanden sind: Da tut sich ein Graben auf, denn diese welt- und biografieverändernde Stimmung der Lesben vermittelt sich in Ledwas ambitioniertem Text nicht mehr. Das mag – neben der inhaltlichen Kritik – zu jener Wut bei einigen Zeitzeuginnen geführt haben, die nun gegen das Cover eine (unsinnige) urheberrechtliche Anzeige eingebracht haben. Und so bleibt gemeinsame Reflexion über die Generationen hinweg schwierig.

Meike Lauggas

Lara Ledwa: Mit schwulen Lesbengrüßen. Das Lesbische Aktionszentrum Westberlin (LAZ). Band 20: Angewandte Sexualwissenschaft. 159 Seiten, Psychosozial-Verlag, Merseburg 2019, EUR 20,50