Lebendige Literaturwissenschaft

Das an persönlichen und zeithistorischen Lebenslinien orientierte Buch von Christa Bürger zeigt die Verwobenheit politischer Konflikte in der und um Wissensproduktion auf. Das Streben nach Textimmanenz etwa wird im zeithistorischen und politischen Kontext erläutert. Der Kampf der 68er Generation wird im Buch bedeutungsgebend und identitätsstiftend beschrieben. Politische und individuelle Konflikte, wie sie u.a. an der Freien Universität Berlin im Ringen um wissenschaftliches (Selbst)Verständnis, sowie um Textverständnis und -interpretation in der Literaturwissenschaft ausgetragen wurden, werden im Buch auf spannungsvolle Weise gezeigt.
Sowohl literarische Figuren als auch prägende Personen in der Literaturwissenschaft wie Peter Szondi, Christa Bürger selbst, ihr Ehemann Peter Bürger und weitere Autoren/-innen werden im Buch im historisch-politischen Kontext und in der persönlichen Weiterentwicklung dargestellt. Das Buch eröffnet nicht nur eine Zeitreise für jene, die einst selbst Germanistik und Literaturwissenschaft studiert haben, es (ver)führt LeserInnen zum Blick auf die Vergangenheit und zur Reflexion der Verwobenheit von Arbeit, Leben, politischer Haltung und dem Teilen von Zukunftsvisionen. Die Beschreibung einer „Zeit der Revolutionen und Manifeste“ (S. 71), und von Personen, die in der Bildungsbiografie prägend waren, wie für Bürger ihre Lehrerin, die Wissenschaftlerin Ruth Flad, machen das Lesen des Buches zum lehrreichen Vergnügen!

Gerlinde Mauerer

Christa Bürger: Mein Weg durch die Literaturwissenschaft. 1968-1998. 315 Seiten, Wallstein, Göttingen 2019, EUR 25,60