Autor: m l

Das Lesen der veränderten Landkarte

Zunächst führt Hildegard Nachum behutsam und einfühlsam in das komplexe Thema Demenz ein, um dann anhand von Schlüsselbegriffen wie Hunger, Heimat, Angst, Nähe, Distanz, Abschied und Versöhnung Fallbeschreibungen zu präsentieren, wie desorientierte Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt begleitet werden können. Dabei beruft sich die Autorin auf die von Naomi Klein entwickelte...

Ein Stern ­ geht auf, liebe Leser­innen

Das Handbuch GENDER-leicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt ist ein gut strukturiertes Sachbuch. Die Autorin Christine Olderdissen plädiert darin für gesellschaftspolitisch wichtige, sprachliche Neuinterpretationen und -kreationen: „Männer müssen bei einigen Bezeichnungen die Endungen abtreten. Ist das so schlimm?“ (S. 47). Dies geschieht etwa im Wort ‚ Ärzt­innenschaft‘ oder ‚Bäuer­innen‘. Für...

Nicht vergessen

Die Bilder gingen um die Welt: als im August 2021 die Taliban in Kabul die Macht übernahmen, waren alle Augen auf Afghanistan und die in Panik fliehenden Menschen gerichtet. Ein paar Wochen später sind sie aus der medialen Aufmerksamkeit verschwunden – doch die Menschen und ihre Probleme, Kämpfe, Widerstände sind...

Ohne Papiere Putzen für das Paradies

Armut, Flucht vor Krieg, häusliche Gewalt. Negussie aus Eritrea, Ariana aus dem Kosovo, Antonella aus Chile: Auch sie haben einen Grund, warum sie in die Schweiz gekommen sind. Sie putzen, kochen, hüten Kinder. Sie arbeiten am Bau, in der Gastro, in der Landwirtschaft. Meist für rund 400 bis 600 Franken...

Immer noch tabu

In einer Mischung aus beschreibender Erzählung und direkter Rede gibt Jeanne Diesteldorf 12 Frauen den Raum, über ihre Abtreibung zu sprechen. Rechtlich ist Abtreibung in Deutschland immer noch illegal, wenn auch straffrei, und das Buch möchte mit dem Tabu brechen. Auch in Österreich, wo seit 1975 die ‚Fristenregelung‘ gilt, ist...

Die Heldin der eigenen Geschichte

Es sind zwei Städte und ein Land, in die uns Doris Dörrie als Leser:innen mitnimmt. Zuerst nach San Francisco, das Ziel ihres Aufbruchs, weg von Hannover, ihrer Heimatstadt, um zu studieren. So wie einst der männliche (!) Held, will sie in der Fremde bestehen, Abenteuer erleben, den Schwierigkeiten trotzen und...

Zeiten-Reisen

Alice ­Schalek nimmt uns in ihren Reportagen mit auf Reisen nach Brasilien, Chile und Peru, ein paar Jahre später nach Indien, Ost- und Südafrika und die USA. Wir reisen aber auch in die 1920er und 1930er Jahre. In Südamerika verfolgen wir Schicksale europäischer Auswander:innen, viele davon gescheiterte Existenzen. Aus Indien,...

Elend in der Zwischenkriegszeit

In 31 Reportagen und Feuilletons nimmt uns Else ­Feldmann in das Wien der Zwischenkriegszeit mit. Die Reise führt freilich nicht in eine ‚gute alte Zeit‘, sondern vielmehr in die Armenviertel, wo schreckliche Arbeitsbedingungen zu teils irreparablen Gesundheitsschäden führen. Eltern vererben ihren Kindern Krankheiten und die Wohn- und Ernährungssituation tut ein...

Früher Tod, fehlender Lyrikband

Renia Spiegel, die Verfasserin des Tagebuchs schreibt im Jänner 1939: „Und schweigen wirst du, wie das mit dem verzauberten Schlüssel verschlossene Zauberbuch, das in einem Zauberschloss versteckt ist. Niemals verrätst du mich. Vielleicht werden es die kleinen blauen Buchstaben tun, die von Menschen erkannt werden.“ (S. 17) Jahrzehnte später wird...

Sprachliche Sorgfalt

Zum hundertsten Geburtstag von Ilse Aichinger im Jahr 2021 wurde die Autorin und Künsterlin Teresa Präauer von der Stadt Wien eingeladen, eine Festrede über diese zu halten. Teresa Präauer tastet sich feinfühlig an die Biografie Aichingers heran, indem sie persönliche Daten Aichingers von deren Tod 2016 zurück in deren Kindheit...