Autor: m l

Die Schaffung einer eigenen Geschichte

Im Debütroman Adikou der 1997 geborenen Autorin Raphaëlle Red begibt sich die gleichnamige Protagonistin von Paris aus auf eine Reise durch die USA und Ostafrika. Dabei sucht sie nach dem Verständnis ihrer Herkunft, die sie seit jeher durch die Augen ihres Gegenübers bestimmt. Sie reist begleitet von einer Erzählstimme in...

Dolce far niente

In einer Sommernacht treffen Maja und Cordelia in einer kleinen Wiener Gasse ein Pferd und wundern sich. Sie gehen zu Fuß nach Hause, das Pferd folgt ihnen auffällig. Maja und Cordelia bewohnen ein geerbtes desolates Häuschen am Stadtrand von Wien. Im kleinen Garten wohnt jetzt Isidora, das frühere Fiaker-Pferd. Wie...

Himmel und Hölle

Brenda Navarro reflektiert in Leere Häuser das Konzept der Mutterschaft in einer von Machismo geprägten Gesellschaft. Erzählt wird die Geschichte zweier Frauen in Mexiko City. Die erste Frau möchte eigentlich keine Kinder haben, bekommt aber trotzdem welche. Die zweite Frau wünscht sich nichts sehnlicher als Mutter zu werden – es...

Es ist Zeit, in den Schattierungen zu leben

Jessica Linds zweiter Roman bewegt sich um Pias unaufgearbeitete Familiengeschichte. Pia ist Mutter eines siebenjährigen Sohnes und wohnt unauffällig mit ihrem Ehemann Jakob in geordneten Verhältnissen, bis es zu einem sexualisierten Vorfall in der Schule ihres Sohnes Luka kommt, in dem ihr Sohn als Täter involviert ist. Eine Vorsprache in...

Verlieren und Finden

Gleich zu Beginn des Buches erfährt die Erzählerin vom Tod des Vaters. Obwohl die beiden jahrelang keinen Kontakt hatten, trifft sie diese Nachricht so hart „wie eine blauschwarze Wand “. Nun muss sie seine Wohnung räumen und die Beerdigung organisieren. Das Ordnen der Hinterlassenschaft wird zu einer Inventur ihres eigenen...

Basteln an der Wirklichkeit

Judith Kuckarts autobiografischer Roman verfolgt innerhalb von zwölf Theaterkantinengesprächen mit einer imaginierten Person, der vormaligen Nachbarin in ihrer Kindheit Eva K., ihre Lebensgeschichte. Die Autorin verarbeitet in einem stream of consciousness Nachrichten und persönlich gelebte Geschichte. Begegnungen mit verschiedensten Familienangehörigen, Freundinnen und Tänzerinnen, mit denen sie auf der Bühne stand,...

Streiken, bis die Welt stillsteht

Das Buch Und alle so still von Mareike Fallwickl könnte auch als alternative Geschichte von „Die Wut, die bleibt“ gelesen werden. Während sich darin eine Mutter der ihr zugeschriebenen Aufgabe verweigert, indem sie sich das Leben nimmt, verweigern in diesem Buch Frauen* kollektiv ihre Teilhabe am System. Das Buch entwirft...

Schlimmer geht hier nimmer

Die junge Wiener Autorin Lilli Polansky schafft mit ihrem autobiografisch anmutenden Debüt einen fesselnden Pageturner. Ihr Coming-Of-Age Roman erzählt von einer dramatisch eskalierenden Krankheitsgeschichte. Triggerwarnung: ‚blutige G’schicht’. Verflochten mit Erinnerungen an das Scheitern der ersten großen Liebe ergibt das äußerst schwere Lesekost. Doch die Autorin beherrscht ihr Handwerk und spickt...

Coming of Age und Identitätsfindung

 „Mein Körper entgeht mir, er geht aus mir. Wenn ich ihn nicht festhalte, flieht er mir. Mein Körper ist ein Fluchtkörper, eine flüchtige organische Verbindung, ein Stoff, der keine Räume einnimmt, sondern sich in ihnen verliert, in ihnen verloren ist“. (S. 147) Maë wächst in der Simmeringer Arbeiter*innenschicht mit Wurzeln...

Wahnsinn im Alltag bürgerlicher Frauen

Dort: Eine junge Frau aus gutem Hause in den letzten Jahren der Habsburgermonarchie, voll romantischer Vorstellungen. Sie wird – ungefragt, eh klar – mit einem älteren Mann verheiratet und muss nun ihrer ehefraulichen Vielfachrolle als schwer arbeitende Haushälterin, Stammhaltergebärerin und perfekte Gesellschafterin gerecht werden. Für die sensible und menschenscheue Hélène...